August Otto († 24. Dezember 1884 in Muinin Sagara, Usagara, Ostafrika) war ein österreichischer[1] Kaufmann und Zeuge bei der Gründung Deutsch-Ostafrikas.

Leben

Otto schloss sich 1884 der über Triest reisenden Expedition von Carl Peters, Karl Jühlke und Joachim von Pfeil an.[2][3] Die drei letztgenannten Teilnehmer waren von der Gesellschaft für deutsche Kolonisation (GfdK) mit dem Landerwerb in Ostafrika beauftragt worden. Sie sollten die Basis für eine deutsche Kolonie legen. Otto begleitete die Expedition anfangs auf eigene Kosten, da er in der geplanten Kolonie eine Faktorei anlegen wollte.[4] Trotz mäßiger Englischkenntnisse Ottos gaben sich die Teilnehmer zur Tarnung zeitweise als Engländer aus.[5][6]

In Sansibar erhielt die Expedition vom deutschen Konsul William O’Swald keine Unterstützung. Otto beschloss daher, einen lang gehegten Gedanken aufgreifend, nach Japan weiterzureisen.[7] In einer Besprechung der vier Teilnehmer befürwortete von Pfeil jedoch die Fortsetzung der Expedition. Dieser Haltung schloss sich Otto an, was laut von Pfeil den Bestand der Gruppe gewährleistete.[8] Alle vier Europäer reisten zum Festland, wo im November und Dezember 1884 rund zehn Verträge mit Afrikanern geschlossen wurden. Obwohl – oder gerade weil – er kein Beauftragter der GfdK war, bezeugte Otto durch Unterschrift Teile der Dokumente, auf denen die spätere Gründung Deutsch-Ostafrikas beruhte.[9]

Am 4. Dezember 1884 erreichte die Expedition am Dorf Muini Sagara den westlichsten Punkt ihrer Reise. Von Pfeil sollte zurückbleiben, um eine Station anzulegen. Zur Ãœberraschung der Mitreisenden entschloss sich der gesundheitlich geschwächte Otto, Graf von Pfeil zu unterstützen.[10][11] Otto sollte beim Bau der Station helfen und dafür auf Kosten der GfdK verpflegt werden. Hintergrund war aber auch ein Konflikt zwischen Peters und Jühlke auf der einen sowie von Pfeil und Otto auf der anderen Seite.[12] Etwa drei Wochen nach Trennung der Teilnehmer, am Morgen des 24. Dezember 1884, starb Otto an einer Tropenkrankheit. Die Beisetzung erfolgte auf Veranlassung des Grafen von Pfeil beim Dorf Muini Sagara am Nachmittag desselben Tages.[13] Von Pfeil ordnete den geringen Nachlass, den Otto auf der Reise bei sich getragen hatte. Seine persönlichen Papiere sandte er nach Sansibar an Konsul O’Swald zur Weiterleitung an die Angehörigen.[14]

Rezeption

Im Unterschied zur gesellschaftlichen Wahrnehmung seiner Mitreisenden wurde Otto kaum öffentlich bekannt. Im NS-Propagandafilm Carl Peters werden neben Peters zum Beispiel Jühlke und von Pfeil dargestellt, während Otto gar nicht vorkommt. Da er weder einen adeligen oder akademischen Titel trug noch militärischen Rang hatte und als österreichischer Kaufmann mehr wirtschaftliche als nationale Motive hegte, wurde er offenbar als nicht erinnerungswürdig erachtet.[15] Bückendorf zählt jedoch alle vier Personen zu den „Kolonialpionieren“ Deutsch-Ostafrikas.[16] Auch der Historiker Michael Pesek nennt gleich zu Beginn seines Beitrages über Peters’ Usagara-Expedition alle vier Teilnehmer:

„Ende September 1884 brach Carl Peters in Begleitung von Carl Jühlke, Joachim Graf von Pfeil und August Otto nach Ostafrika auf, um Geschichte zu machen ...“

– Michael Pesek: Eine Gründungszene des deutschen Kolonialismus[17]

August Otto wird als Kaufmann Otto in den Akten des Auswärtigen Amtes genannt, die im Bundesarchiv erhalten sind.[18]

Ottos Tod wurde von Kerstin Decker in dem Tatsachenroman Meine Farm in Afrika beschrieben.[19]

Literatur

  • Jutta Bückendorf: Schwarz-weiss-rot über Ostafrika! – Deutsche Kolonialpläne und afrikanische Realität. LIT-Verlag, Münster 1997, ISBN 3-8258-2755-0.
  • Arne Perras: Carl Peters and German Imperialism 1856–1918 – A Political Biography. Clarendon Press, Oxford 2004, ISBN 978-0-1915-1472-2.
  • Joachim von Pfeil: Zur Erwerbung von Deutsch-Ostafrika – Ein Beitrag zu seiner Geschichte. Verlag von Karl Curtius, Berlin 1907, (online unter archive.org)

Fußnoten

  1. ↑ Jonas Fossli Gjersø: Continuity of Moral Policy’ – A Reconsideration of British Motives for the Partition of East Africa in light of Anti-Slave Trade Policy and Imperial Agency, 1878–96. PhD thesis, The London School of Economics and Political Science (LSE), London 2015, S. 88 (online auf etheses.lse.ac.uk).
  2. ↑ Perras 2004, S. 51 f.
  3. ↑ Laut Förster war Otto bereits ab Berlin Mitreisender. Siehe Brix Förster: Deutsch-Ostafrika – Geographie und Geschichte der Colonie. Brockhaus, Leipzig 1890 (online in der Digitalen Sammlung Deutscher Kolonialismus).
  4. ↑ Bückendorf 1997, S. 202.
  5. ↑ Perras 2004, S. 52.
  6. ↑ Von Pfeil 1907, S. 64.
  7. ↑ Bückendorf 1997, S. 203.
  8. ↑ Von Pfeil 1907, S. 69.
  9. ↑ Auszüge mit Angabe der Vertragszeugen wurden von Carl Peters zum Beispiel in seinen Erinnerungen Die Gründung von Deutsch-Ostafrika (Berlin 1906, S. 80 f.) abgedruckt (online auf archive.org). Siehe auch Bruno Kurtze: Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft – Ein Beitrag zum Problem der Schutzbriefgesellschaften und zur Geschichte Deutsch-Ostafrikas. Verlag von Gustav Fischer, Jena 1913, S. 178 ff. (online auf archive.org).
  10. ↑ Bückendorf 1997, S. 202.
  11. ↑ Von Pfeil 1907, S. 81.
  12. ↑ Perras 2004, S. 61 f.
  13. ↑ Von Pfeil 1907, S. 92.
  14. ↑ Von Pfeil 1907, S. 93.
  15. ↑ Hans Schmid: Ich bin ich. Telepolis, 16. Februar 2014, abgerufen am 27. April 2019.
  16. ↑ Bückendorf 1997, S. 202, 204.
  17. ↑ Michael Pesek: Eine Gründungszene des deutschen Kolonialismus – Peters’ Expedition nach Usagara, 1884, in: Marianne Bechhaus-Gerst, Reinhard Klein-Arendt (Hrsg.): Die (koloniale) Begegnung – Afrikanerlnnen in Deutschland 1880–1945, Deutsche in Afrika 1880–1918. Peter Lang, Frankfurt a. M./Berlin/Bern/Brüssel/New York/Oxford/Wien 2003, ISBN 978-3-6313-9175-4, S. 255–267.
  18. ↑ Das Bundesarchiv (Hrsg.): Erwerb von Usagara, Band 1, Aktenzeichen KA I Gr. 11 Gesellschaften, Archivsignatur R 1001/382, (online als Digitalisat).
  19. ↑ Kerstin Decker: Meine Farm in Afrika – Das Leben der Frieda von Bülow. Berlin Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-8270-7786-8.