Gewöhnlicher Plattschwanz

Laticauda laticaudata

Systematik
Unterordnung: Schlangen (Serpentes)
Überfamilie: Elapoidea
Familie: Giftnattern (Elapidae)
Unterfamilie: Laticaudinae
Gattung: Plattschwänze (Laticauda)
Art: Gewöhnlicher Plattschwanz
Wissenschaftlicher Name
Laticauda laticaudata
(Linnaeus, 1758)

Der Gewöhnliche Plattschwanz (Laticauda laticaudata) ist eine Giftnatternart aus der Gattung der Plattschwänze (Laticauda), die an den warmen Küsten Südostasiens und im Westpazifik verbreitet ist. Die Art ist als nicht gefährdet eingestuft. Es werden zwei Unterarten unterschieden.

Merkmale

Laticauda laticaudata vor Ko Samui, Thailand
Laticauda laticaudata an Land
Laticauda laticaudata, Kopf

Die Schlangen haben einen schmalen Körper mit einem ruderförmig abgeplatteten Schwanz. Auf der Oberseite haben sie eine blaugraue und ventral eine gelbliche Farbe mit braunschwarzen Ringen entlang des gesamten Körpers. Die dunklen Ringe haben eine klare Grenze und sind gleich breit oder breiter als die hellen Ringe. Sie sind dorsal und ventral gleichmäßig breit.[1] Auf dem Kopf befindet sich ein heller hufeisenförmiger Fleck und teilweise ein bis zwei helle Ringe am Nacken.[2] Sie haben eine Gesamtlänge von durchschnittlich 1 Meter, wobei die Weibchen etwas größer sind als die Männchen. Ihre Beschuppung weist große Ventralia (Bauchschuppen) auf, die jeweils etwa ein Drittel bis Hälfte der Körperbreite ausmachen. Das Scutum rostrale (Rostralschild) ist ungeteilt und die Nasalia (Nasenschilde) geteilt.[3] Darüber befinden sich zwei Präfrontalia.[4]

Der Gewöhnliche Plattschwanz ist wie andere Plattschwänze äußerst giftig.[5] Die Schlangen sind sanfter Natur, beißen jedoch eher als der Halbgebänderte Plattschwanz, sodass im Umgang mit ihnen Vorsicht geboten ist.[1]

Körpermaße und Beschuppung[3]
Männchen Weibchen
Gesamtlänge 91 cm 107 cm
Schwanzlänge 11 cm
Ventralia 225 – 243
Subcaudalia 38 – 47 30 – 35

Lebensweise

Laticauda laticaudata leben in tropischen Gewässern in Küstennähe um Korallenriffe, Mangrovenwälder und Häfen mit sandigem Sediment sowie im offenen Ozean.[6][1] Sie halten sich für gewöhnlich in Tiefen bis 15 Meter auf,[7] wurden aber auch in Tiefen bis mindestens 80 Meter beobachtet.[8] Plattschwänze kommen häufig zur Häutung, Aufnahme von Süßwasser und Eiablage an Land.[9] Die Art L. laticaudata ist jedoch aquatischer als beispielsweise der Nattern-Plattschwanz (L. colubrina), was sich in einer deutlich schmaleren Körperform widerspiegelt. Wegen ihrer eingeschränkten Bewegungsmöglichkeit an Land entfernen sie sich daher nur einige Meter vom Wasser[10] an Stellen, wo Felsen und Ähnliches Schutz bieten.[6] Zur Eiablage suchen die Schlangen bei geeigneter Gezeitenlage Felshöhlen in Ufernähe auf.[11] Da sich auch Männchen in den Höhlen versammeln, wird angenommen, dass die Paarung an Land stattfindet.[1] Zum Atmen kommen Plattschwänze an die Wasseroberfläche. Bei Arten wie Laticauda saintgironsi wurden Tauchdauern von mehr als 100 Minuten beobachtet.[12]

Der Gewöhnliche Plattschwanz ernährt sich von Aalartigen.[13] Die Art ist tag- und nachtaktiv.[14] Australische Biologen beobachteten am als Reptil wechselwarmen Gewöhnlichen Plattschwanz Kleptothermie, d. h. eine Strategie, vom Wärmehaushalt anderer Tiere zu profitieren. Sie konnten an einem mit einem Messgerät ausgerüsteten Tier feststellen, dass es sich in einer Nisthöhle von Keilschwanz-Sturmtauchern (Puffinus pacificus), die eine konstante Körpertemperatur von ca. 37 Grad Celsius aufrechterhalten, drei Tage lang aufwärmte.[15]

Verbreitungsgebiet und Bedrohungen

Die Art ist an Küsten im Nordosten des Indischen Ozeans (Ost-Indien, Sri Lanka, Myanmar, die Andamanen), um den Malaiischen Archipel und im Westpazifik (Japan, Südkorea, Taiwan, China, Papua-Neuguinea, Melanesien, Queensland in Australien, Polynesien) verbreitet.[5]

Laticauda laticaudata wird von der IUCN als nicht gefährdet („Least Concern“) eingestuft. In Japan, wo die Art um die Ryūkyū-Inseln ihr nördlichstes Verbreitungsgebiet findet, ist sie dagegen auf der nationalen Roten Liste 2020 als gefährdet („Vulnerable“) eingestuft.[16] Obwohl keine quantitativen Daten vorliegen, geht die Zahl der landenden Individuen dort an vielen Brutplätzen zurück.[1] Mögliche Bedrohungen sind vor allem im Zusammenhang mit der Globalen Erwärmung zu sehen. Steigende Wasserspiegel würden eine Zerstörung geeigneter Lebensräume in der Gezeitenzone bedeuten, die insbesondere zur Eiablage benötigt werden. Für die Schlangen sind zudem Korallenriffe ein wichtiger Lebensraum, der durch steigende Meerestemperaturen zunehmend von Korallenbleiche zerstört wird.[6] Darüber hinaus hat sich die Umgebung der Brutplätze durch Küstenbebauung verschlechtert. Der Gewöhnliche Plattschwanz wird in Japan auch traditionell zum Essen gefangen.[1]

Systematik

Laticauda laticaudata ist die Nominatform der Gattung der Plattschwänze (Laticauda), die zur Familie der Giftnattern gehört. Der Gattungs- und Artname setzt sich aus den lateinischen Wörtern „latus“ (breit) und „cauda“ (Schwanz) zusammen, ähnlich dem deutschen Trivialnamen „Plattschwanz“. Die Art wurde 1758 von dem schwedischen Naturforscher Carl von Linné (latinisiert Carolus Linnaeus) als Coluber laticaudatus erstbeschrieben.[5] In die Gattung Laticauda wurde die Art 1907 von dem amerikanischen Zoologen Leonhard Stejneger eingeordnet.[2]

Synonyme

In der Literatur zu findende Synonyme sind zeitlich sortiert[2][5]

  • Coluber laticaudatus Linnaeus, 1758
  • Laticauda scutata Laurenti, 1768
  • Platurus laurenti Rafinesque, 1817
  • Coluber platycaudatus Oken, 1836
  • Platurus laticaudatus Girard, 1858
  • Platurus fischeri Jan, 1859
  • Platurus fischeri Anderson, 1871
  • Platurus muelleri Boulenger, 1896

Unterarten

Es werden zwei Unterarten unterschieden (Stand Juli 2021):[5]

  • Laticauda laticaudata affinis (Anderson, 1871)
  • Laticauda laticaudata laticaudata (Linnaeus, 1758)

Verwandte Arten

Verwandte Arten
L. colubrina L. semifasciata

Die am nächsten verwandte Art Laticauda crockeri ist in Brackseen auf den Salomonen verbreitet. Zu den verwandten Arten zählen zudem u. a. der Nattern-Plattschwanz (L. colubrina) und der Halbgebänderte Plattschwanz (L. semifasciata), die jeweils ein ähnliches Verbreitungsgebiet haben. Der Nattern-Plattschwanz ist dem Gewöhnlichen Plattschwanz äußerlich ähnlich. Er unterscheidet sich jedoch dadurch, dass die schwarzen Ringe im Streifenmuster deutlich schmaler sind als die hellen. Zudem ist die Körper- und Schwanzform weniger abgeplattet. Der Halbgebänderte Plattschwanz hat eine blaugraue bis graubraune Grundfarbe und ein deutlich blasseres Streifenmuster.[1]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g 改訂・沖縄県の絶滅のおそれのある野生生物(レッドデータおきなわ)第3版 動物編 3.5 爬虫類 (Rote Liste Okinawa – Reptilien: Beschreibung der Arten). (PDF, 851 KB) Präfektur Okinawa, abgerufen am 21. Juli 2021 (japanisch).
  2. a b c Leonhard H. Stejneger: Herpetology of Japan and adjacent territory. In: Bull. US Natl. Mus. Band 58, 1907, S. 402–406 (biodiversitylibrary.org).
  3. a b Alan E. Leviton, Guinevere O.U. Wogan, Michelle S. Koo, George R. Zug, Rhonda S. Lucas and Jens V. Vindum: The Dangerously Venomous Snakes of Myanmar Illustrated Checklist with Keys. In: Proc. Cal. Acad. Sci. Band 54, Nr. 24, 2003, S. 407–462 (si.edu [PDF; 2,3 MB]).
  4. Jeffrey L. Weinell, Errol Hooper, Alan E. Leviton, Rafe M. Brown: Illustrated Key to the Snakes of the Philippines. In: Proc. Cal. Acad. Sci. (4). Band 66, Nr. 1, 2009, S. 1–49 (researchgate.net [PDF]).
  5. a b c d e Laticauda laticaudata In: The Reptile Database; abgerufen am 19. Juli 2021.
  6. a b c Laticauda laticaudata in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2021. Eingestellt von: A. Lane, M. Guinea, A. Lobo & J. Gatus, 2009. Abgerufen am 19. Juli 2021.
  7. H. Cogger: Marine Snakes. In: Australian Museum (Hrsg.): T. Vickey and S. Keable (eds), Description of Key Species Groups in the East Marine Region. 2007, S. 80–94.
  8. François Brischoux, Xavier Bonnet and David Pinaud: Fine scale site fidelity in sea kraits: implications for conservation. In: Biodiversity and Conservation. Band 18, Nr. 9, 2009, S. 2473–2481, doi:10.1007/s10531-009-9602-x.
  9. M.L. Guinea: Sea Snakes of Fiji and Niue. In: P. Gopalakrishnakone (ed.), Sea Snakes Toxinology. NUS Press, Singapore 1994, S. 212.
  10. Richard Shine, Robert N. Reed, Sohan Shetty, Michael Lemster and Robert T. Mason: Reproductive isolating mechanisms between two sympatric sibling species of sea snakes. In: Evolution. Band 56, Nr. 8, 2002, S. 1655–1662, doi:10.1111/j.0014-3820.2002.tb01477.x.
  11. P.T. Bacolod: Reproductive biology of two sea snakes of the genus Laticauda from the central Philippines. In: The Philippine Scientist. Band 21, 1983, S. 155–163, doi:10.1016/0198-0254(84)93474-5.
  12. Snakes at sea: diving performance of free-ranging sea kraits. (PDF; 447 KB) François Brischoux, Xavier Bonnet, Timothée Cook, Richard Shine, S. 9–10, abgerufen am 7. August 2021 (englisch).
  13. H. Heatwole: Sea Snakes. Krieger Publishing Company, Malabar, Florida 1999.
  14. Iva N. Ineich, Andpierre. 2002.: Sea Snakes of New Caledonia. Hrsg.: Institute de Recherché pour le Développement. Muséum National d’Histoire Naturelle. Paris 2002, S. 301.
  15. Brischoux François, Bonnet Xavier and Shine Richard: Kleptothermy: an additional category of thermoregulation, and a possible example in sea kraits (Laticauda laticaudata, Serpentes). In: Biol. Lett. 2009, S. 729–731, doi:10.1098/rsbl.2009.0550.
  16. 環境省レッドリスト2020 (Rote Liste 2020). (PDF, 662 KB) Umweltministerium, S. 9, abgerufen am 21. Juli 2021 (japanisch).