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Sechs Prinzipien von Open Science[1]
Ein Podcast der Helmholtz-Gemeinschaft zum Thema Open Science

Open Science, dt. Offene Wissenschaft (auch: Open Research oder Open Scholarship) ist ein Sammelbegriff für verschiedene Ansätze einer offenen Wissenschaftspraxis, bei der möglichst alle Schritte des Forschungsprozesses wie Forschungsdaten, Laborberichte, Software und Publikationen frei zugänglich sind, und zwar unter Bedingungen, die die Wiederverwendung, Weiterverbreitung und Vervielfältigung von Forschung und den ihr zugrundeliegenden Daten und Methoden ermöglicht. Mit der Öffnung der Wissenschaft werden verschiedene Zielstellungen verfolgt, darunter bessere Sichtbarkeit und Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Reproduzierbarkeit der Forschung, mehr Diversität und Inklusion in der Wissenschaft, bessere Qualitätssicherung sowie die Nachnutzbarkeit.[2][3] Der Begriff "Science" - wörtlich sind damit ursprünglich nur die Naturwissenschaften gemeint - wird hier vielfach mit Wissenschaft allgemein gleichgesetzt, bezieht also auch die Geistes- und Sozialwissenschaften mit ein.

Einen wichtigen Meilenstein in der Definition stellt die UNESCO Recommendation on Open Science von 2021 dar.[4] Sie definiert Open Science als „[...] eine Reihe von Grundsätzen und Praktiken, die darauf abzielen, wissenschaftliche Forschung aus allen Bereichen zum Nutzen von Wissenschaftlern und der Gesellschaft insgesamt für jedermann zugänglich zu machen. Bei Open Science geht es nicht nur darum, sicherzustellen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse zugänglich sind, sondern auch darum, dass die Produktion dieser Erkenntnisse selbst integrativ, gerecht und nachhaltig ist.“[5]

Dazu zählen zum einen produktorientierte Ansätze, die (Zwischen-)Ergebnisse möglichst offen zugänglich machen, etwa Open Access, Open Data oder Reproducible Research. Zum anderen steht die Öffnung des wissenschaftlichen Arbeitsprozesses und der wissenschaftlichen Kommunikation im Fokus, z. B. im Rahmen von Open Methodology oder Open Peer Review.

Zur Öffnung der Wissenschaftspraxis zählt auch die Teilhabe der Gesellschaft z. B. durch die Bürgerbeteiligung bzw. Citizen Science.[6] Die Idee dahinter ist es, Möglichkeiten zu eröffnen, sich an wissenschaftlichen Projekten zu beteiligen und mitzuwirken. Offene Wissenschaft in diesem weiten Sinne wird insbesondere im Kontext von Citizen-Science-Projekten und partizipativer Forschung praktiziert.[7]

Geschichte

In den 1990er Jahren wurde der Begriff der ‚Öffentlichen Wissenschaft‘ neu und entscheidend für den deutschen Sprachraum von der Soziologin und Kulturwissenschaftlerin Caroline Y. Robertson-von Trotha geprägt. In den Eröffnungsreden der Karlsruher Gespräche von 1997 und 1998 entwarf sie einen Begriff der ‚Öffentlichen Wissenschaft‘ als Synonym einer interdisziplinären und dialogbasierten Wissenschaftskommunikation.[8][9][10] In der Folge bettete sie das Konzept in den historisch-soziologischen Kontext ein[11][12] und führte im Jahr 2012 eine erste von mehreren Analysen „im Spiegel der Web 2.0-Kultur“[13] durch.[14] Zugleich etablierte sie als Gründungsdirektorin des Zentrums für Angewandte Kulturwissenschaft und Studium Generale (ZAK) in Karlsruhe ihre Konzeption der ‚Öffentlichen Wissenschaft in Theorie und Praxis‘ auch institutionell: Neben der Forschung und der Lehre bildet diese eine der drei gleichberechtigten Säulen, auf denen das Zentrum basiert.[15][16] 2012 startete ein Experiment einer ersten offenen Doktorarbeit. Die Arbeit und alle damit verbundenen Daten waren während des gesamten Erstellungsprozesses direkt und unmittelbar für jeden, jederzeit frei zugänglich im Internet unter einer offenen und freien Lizenz (CC-BY-SA) einsehbar. Ende 2017 wurde das Experiment erfolgreich beendet und Anfang 2018 als Open Access Buch veröffentlicht[17]. Das zentrale Anliegen der Öffentlichen Wissenschaft, Forschung offen, transparent und zugänglich zu machen, entwickelt sich seither zunehmend zu einem integralen Bestandteil von Forschung und Lehre.[18]

Das Weiße Haus unter Joe Biden gab 2022 bekannt, dass ab 2025 alle anteilig finanzierte oder vollständig öffentlich geförderte Forschung unverzüglich veröffentlicht werden müsse.[19][20] Im europäischen und deutschsprachigen bestehen diverse Netzwerke und institutionsinterne Einrichtungen zur Förderung und Beratung bezüglich Open Science.[21][22] Zentrale Infrastrukturvorhaben sind die European Open Science Cloud (EOSC)[23] und die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI).[24]

Politik, Ökonomie und Recht

Die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen von offener Wissenschaft werden vor allem im Urheberrecht, den Persönlichkeitsrechten und dem Datenschutzrecht geregelt.

Elemente der Offenen Wissenschaft

Open Science umfasst verschiedene Ebenen des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses, seinen Erzeugnissen und seiner Rahmenbedingungen, die gemeinhin wie folgt ausdifferenziert werden:

Wissenschaftlicher Prozess

Infrastruktur und Rahmenbedingungen

Jüngere Diskussionen werfen auch die Fragen von Open Applications, d. h. der vollständigen Transparenz bei der Beantragung von und Bewerbung um Forschungsförderung, auf. Mittels DOI sollen die so öffentlich zugängliche Anträge von anderen Forschenden aufgegriffen werden können und zeitgleich beispielsweise den ursprünglichen Schöpfern eines bestimmten Versuchsdesigns durch Zitation die gewünschten Meriten gewähren.[27]

Ziele der Offenen Wissenschaft

Open Science verspricht und zeigt Vorteile der Commons-based Peer-Production,[28] wissenschaftsspezifisch insbesondere in Form von:

  • Transparenz in experimenteller Methodik, Beobachtung und Sammlung von Daten
  • Öffentliche Verfügbarkeit und Wiederverwendbarkeit von Forschungsdaten[29]
  • Offener Zugang und Transparenz von wissenschaftlicher Kommunikation
  • Web-basierende Tools benutzen, um wissenschaftliche Kollaborationen auszuüben
  • Dient der Qualitätssicherung in der Forschung[29] und deren Replizierbarkeit
  • Vereinfachter Technologietransfer und Resilienz der Wertschöpfung

Quellen:[30][31]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Was ist Open Science? abgerufen am 23. Juni 2014 von OpenScience ASAP
  2. UNESCO: UNESCO Recommendation on Open Science. 2021 (unesco.org).
  3. Vicente-Saez, Ruben; Martinez-Fuentes, Clara (2018): Open Science now: A systematic literature review for an integrated definition. In: Journal of Business Research. 88: 428–436. doi:10.1016/j.jbusres.2017.12.043. Zitiert nach: Bezjak, Sonja; Clyburne-Sherin, April; Conzett, Philipp; Fernandes, Pedro; Görögh, Edit; Helbig, Kerstin; Kramer, Bianca; Labastida, Ignasi; Niemeyer, Kyle; Psomopoulos, Fotis; Ross-Hellauer, Tony; Schneider, René; Tennant, Jon; Verbakel, Ellen; Brinken, Helene; Heller, Lambert (2018): Open Science Training Handbook. Zenodo: S. 12. doi:10.5281/zenodo.1212496.
  4. UNESCO: About Open Science. Abgerufen am 6. Oktober 2023.
  5. UNESCO: About Open Science. Abgerufen am 6. Oktober 2023 (englisch): „[...] a set of principles and practices that aim to make scientific research from all fields accessible to everyone for the benefits of scientists and society as a whole. Open science is about making sure not only that scientific knowledge is accessible but also that the production of that knowledge itself is inclusive, equitable and sustainable.“
  6. „Von Open Access zu Open Science“, helmholtz.de, Helmholtz Open Science Newsletter No. 49 vom 12. Juni 2014; zu „intelligent openness“ siehe Geoffrey Boulton (Chair) et al.: Science as an open enterprise. London: Royal Society, 2012
  7. Markus Antonius Wirtz: Open science im Dorsch Lexikon der Psychologie. 2019 (hogrefe.com [abgerufen am 17. Januar 2021]).
  8. Robertson-Wensauer, C. Y. (1999): Einleitung. Wozu ‚Angewandte Kulturwissenschaft‘ an einer technischen Hochschule? In: dies. (Hrsg.). Interfakultatives Institut für Angewandte Kulturwissenschaft. Universität Karlsruhe (TH). 1989‐1999 Zehn Jahre interdisziplinäre Institutsarbeit. Karlsruhe, S. 19–23.
  9. Interfakultatives Institut für Angewandte Kulturwissenschaft der Universität Karlsruhe (TH) [= IAK] (1998): Öffentliche Wissenschaft. In: iak newsletter, Jg. 1, Heft 1, S. 3–4.
  10. Alt, Peter-André (2017): Wenn Freiheit zu Anarchie wird. In: Frankfurter Rundschau, 27. Dezember 2017.
  11. Robertson-von Trotha, C. Y. (2007): ‚Öffentliche Wissenschaft‘ – ein notwendiger Dialog. In: Klaus, J./Vogt, H. (Hrsg.): Wissensmanagement und wissenschaftliche Weiterbildung. Dokumentation der Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium an der Universität Karlsruhe (TH). Hamburg, S. 7–20.
  12. Vergara Gomez, Silke (2011): Erfolgsfaktoren von Weiterbildungsstudiengängen: eine empirische Analyse. Kasseler Management Forum Band 6. Kassel, S. 31–32.
  13. Robertson-von Trotha, C. Y. (2012): Öffentliche Wissenschaft im Spiegel der Web 2.0-Kultur. In: dies./Jesús Muñoz Morcillo (Hrsg.): Öffentliche Wissenschaft und Neue Medien. Die Rolle der Web 2.0-Kultur in der Wissenschaftsvermittlung. Karlsruhe, S. 19–35.
  14. Robertson-von Trotha, C. Y. (zusammen mit Jesús Muñoz Morcillo) (2014): Öffentliche Wissenschaft in Sonderforschungsbereichen: Inside Science. Erweiterter Abschlussbericht des DFG-Pilotprojekts SFB 588 TP Ö. Berichtszeitraum vom 1. Juni 2010 bis 30. Dezember 2013. In: EVA STAR, Karlsruher Institut für Technologie.
  15. Orgeldinger, Sibylle (2002): Zentrum an der Uni fördert den Dialog der Wissenschaften. Institut für Kulturwissenschaft fusioniert mit Studium generale [sic]. In: Badische Neueste Nachrichten, 16. Juli 2002.
  16. Rümmele, Klaus (2002): Schwer auf ZAK. In: UNIKATH, 33. Jahrgang, Heft 4, S. 40–41.
  17. Christian Heise: Von Open Access zu Open Science. In: meson press. doi:10.14619/1303 (meson.press [abgerufen am 23. Oktober 2018]).
  18. Open Science nimmt den Stress aus der Doktorandenbetreuung. Schriftliches Interview des ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft mit der Psychologieprofessorin Susann Fiedler, abgerufen am 4. Juni 2021.
  19. Breakthroughs for All: Delivering Equitable Access to America’s Research - OSTP. Abgerufen am 26. Oktober 2022 (amerikanisches Englisch).
  20. White House requires immediate public access to all U.S.-funded research papers by 2025. 26. August 2022, doi:10.1126/science.ade6076 (science.org [abgerufen am 26. Oktober 2022]).
  21. Felix Schönbrodt, Anna Baumert, Andreas Glöckner, Mitja Back, Ruben Arslan: Netzwerk der Open-Science-Initiativen (NOSI). 27. September 2022, doi:10.17605/OSF.IO/TBKZH (osf.io [abgerufen am 26. Oktober 2022]).
  22. Open Science. In: AG Open Science. Abgerufen am 26. Oktober 2022 (deutsch).
  23. Open Science. In: European Commission. Abgerufen am 26. Oktober 2022 (englisch).
  24. Welcome | openscience.eu. Abgerufen am 26. Oktober 2022.
  25. Maximilian Voigt: Open Hardware and Scientific Autonomy in Germany: How Transfer Activities Can Become More Attractive. 2023, doi:10.34669/WI.CP/4.9 (ssoar.info [abgerufen am 12. April 2023]).
  26. Helmholtz-Gemeinschaft: Helmholtz Open Science Policy. Version 1.0. In der 119. Mitgliederversammlung der Helmholtz-Gemeinschaft am 20.-21. September 2022 beschlossen. 2022, S. 9 pages, 345 KB, doi:10.48440/OS.HELMHOLTZ.055 (gfz-potsdam.de [abgerufen am 26. Oktober 2022]).
  27. Serge P. J. M. Horbach, Joeri K. Tijdink, Lex Bouter: Research funders should be more transparent: a plea for open applications. In: Royal Society Open Science. Band 9, Nr. 10, Oktober 2022, ISSN 2054-5703, S. 220750, doi:10.1098/rsos.220750, PMID 36312565, PMC 9554511 (freier Volltext) – (royalsocietypublishing.org [abgerufen am 15. März 2023]).
  28. Michael A. Peters: Open Science, Philosophy and Peer Review. In: Educational Philosophy and Theory. Band 46, Nr. 3, 23. Februar 2014, ISSN 0013-1857, S. 215–219, doi:10.1080/00131857.2013.781296.
  29. a b Markus Antonius Wirtz: Open science im Dorsch Lexikon der Psychologie. 2019 (hogrefe.com [abgerufen am 17. Januar 2021]).
  30. Dan Gezelter: What, exactly, is Open Science? | The OpenScience Project. Abgerufen am 11. Mai 2022 (amerikanisches Englisch).
  31. Commission Recommendation (EU) 2018/790 of 25 April 2018 on access to and preservation of scientific information C/2018/2375. Online unter: https://eur-lex.europa.eu/eli/reco/2018/790/oj