Zweizeiliger Goldhafer

Zweizeiliger Goldhafer (Acrospelion distichophyllum)

Systematik
Süßgrasartige (Poales)
Familie: Süßgräser (Poaceae)
Unterfamilie: Pooideae
Unterfamilie: Aveninae
Gattung: Acrospelion
Art: Zweizeiliger Goldhafer
Wissenschaftlicher Name
Acrospelion distichophyllum
(Vill.) Barberá

Der Zweizeilige Goldhafer (Acrospelion distichophyllum (Vill.) Barberá, Syn.: Zweizeiliger Grannenhafer Trisetum distichophyllum (Vill.) P.Beauv.[1][2]) ist seit 2021 eine der beiden Pflanzenarten der Gattung Acrospelion innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae).[3]

Beschreibung

Habitus

Vegetative Merkmale

Der Zweizeilige Goldhafer ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 10 bis 20 Zentimetern erreicht[1][2], ausnahmsweise sogar bis etwa 40 Zentimeter.[4] Er bildet mit oberirdischen, relativ langen Ausläufern lockere Rasen.[2] Die oberirdischen Pflanzenteile sind blaugrün.[1] Der glatte, glänzende und kahle Halm ist gekniet-aufsteigend und besitzt im unteren Teil viele kahle Knoten.[5] Diese sind meist, bis auf den obersten, in die Blattscheiden eingeschlossen.[4]

Die wechselständig, auffallend zweizeilig[2] und starr abstehend angeordneten graugrünen Laubblätter[1] sind in Blattscheide und Blattspreite gegliedert. Die Blattscheiden sind im unteren Teil des Halms dicht gestellt, kahl, in der Regel die unteren dicht flaumig behaart.[4] Das Blatthäutchen (Ligula) ist bei einer Länge von nur 0,5 Millimetern[1] ein häutiger Saum[2]. Die relativ kurze, starre Blattspreite ist 2 bis 3 Millimeter breit.[1][2]

Generative Merkmale

Die Blütezeit reicht von Juni bis September[4], in der Schweiz von Juli bis August.[1] In einem 3 bis 6 Zentimeter langen und 1 bis 3 Zentimeter breiten rispigen Blütenstand stehen die Ährchen locker ausgebreitet zusammen.[1][2] Die einzelnen Verzweigungen tragen nur wenige Ährchen. Die 6,5 bis 9 Millimeter langen Ährchen[2] sind violett sowie gelbbraun und grün gescheckt und enthalten selten zwei meist drei oder vier Blüten.[1][2] Sie sind (ohne die zwei bis fünf Grannen) 6,5 bis 9 Millimeter lang. Die Ährchenachse ist lang und dicht behaart. Die gekielten Deckspelzen[2] haben zwei kleine Spitzen und eine lange, im oberen Drittel eingefügte Granne.[1] Die beiden Hüllspelzen sind untereinander ungleich, gekielt, auf dem Rücken häutig. Die untere ist einnervig, die obere dreinervig. Die Granne der Deckspelze ist 5 bis 7 Millimeter lang, gekniet. Die Untergranne ist hobelspanartig gedreht, die Obergranne ist gerade. Die Vorspelzen sind zweinervig und so lang wie die Deckspelzen. Die Staubbeutel sind 2 bis 3 Millimeter lang.[5]

Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 7; es wurde Tetraploidie und Octoploidie ermittelt mit einer Chromosomenzahl beträgt 2n = 28[6] oder 56.[2]

Ökologie

Beim Zweizeiligen Goldhafer handelt es sich um einen plurienn-pollakanthen Hemikryptophyten.[2]

Die Ausbreitung der Diasporen (es ist, wie typisch für alle Süßgräser, eine Karyopse) erfolgt durch den Wind (Anemochorie) und durch Klett- sowie Klebausbreitung auf der Oberfläche von Tieren (Epichorie).[2]

Vorkommen

Der Zweizeilige Goldhafer kommt in den europäischen Gebirgen vor. Sein Verbreitungsgebiet umfasst die gesamten Alpen, vom West- bis zum Ostrand und, davon abgesetzt (disjunkt) ein kleines Areal im Prokletije-Gebirge im südlichen Montenegro und nördlichen Albanien[4]; die Exemplare von dort wurden als Art Trisetum albanicum Jávorka beschrieben und von einigen Botanikern als Unterart aufgefasst, sie wurden aber von Patricia Barberá und Kollegen mit der typischen Art synonymisiert. Es gibt Fundortangaben für Frankreich, die Schweiz, Deutschland, Österreich, Italien, Albanien und das frühere Jugoslawien.[7] Er gedeiht gern auf steilen, beweglichen Geröllhalden mit sieben- bis achtmonatiger Schneebedeckung. In den Alpen steigt er im Wallis von 800 Metern (bei Chippis) bis 3300 Metern (am Oberrothorn bei Zermatt) auf.[5]

Der Zweizeilige Goldhafer gedeiht in Pflanzengesellschaften der Feinerdereichen Kalkschuttflur (Petasition paradoxi).[1], etwa im Athamantho-Trisetetum distichophylli. Er bevorzugt Kalkböden, kommt aber auch auf Granit vor.[4]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3+ (feucht), Lichtzahl L = 5 (sehr hell), Reaktionszahl R = 5 (basisch), Temperaturzahl T = 1+ (unter.alpin, supra-subalpin und ober-subalpin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[1]

Taxonomie

Die Erstveröffentlichung erfolgte 1787 unter dem Namen (Basionym) Avena distichophylla durch Dominique Villars in Prosp. Hist. Pl. Dauphiné 2, S. 144. Diese Art wurde 1812 durch Ambroise Marie François Joseph Palisot de Beauvois als Trisetum distichophyllum (Vill.) P.Beauv. in Essai d'une Nouvelle Agrostographie; ou Nouveaux Genres des Graminées; Avec Figures Représentant les Caractéres de tous le Genres. Imprimerie de Fain. Paris, S. 88, 180 in die Gattung Trisetum gestellt. Molekulargenetische Daten führten im Juni 2019 dazu, dass erkannt wurde, dass die Gattung Trisetum nicht monophyletisch ist und diese Art daher besser als Acrospelion distichophyllum (Vill.) Barberá in die reaktivierte Gattung Acrospelion Besser gestellt durch Barberá et al. in Molecular phylogenetic analysis resolves Trisetum (Poaceae: Pooideae: Koeleriinae) polyphyletic: Evidence for a new genus, Sibirotrisetum and resurrection of Acrospelion. In: Journal of Systematics and Evolution, Volume 58, Issue 4, S. 1–10 wird.[8][9] Weitere Synonyme für Acrospelion distichophyllum (Vill.) Barberá sind: Aira halleri Honck., Avena brevifolia Host, Avena disticha Lam., Trisetaria distichophylla (Vill.) Paunero.[8][7]

Die Gattung Acrospelion wurde 1827 durch Wilibald Swibert Joseph Gottlieb von Besser in Joseph August Schultes und Julius Hermann Schultes: Mantissa, 3, S. 526 aufgestellt.[9][7] Aber seit Februar 2021 gehören mit Acrospelion glaciale (Bory) Barberá, Soreng & Quintanar (Syn.: Avena glacialis Bory, Trisetum glaciale (Bory) Boiss.) zwei Arten in die Gattung Acrospelion.[3]

Einzelnachweise

  1. ↑ a b c d e f g h i j k l Trisetum distichophyllum (Vill.) P. Beauv. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 10. April 2021.
  2. ↑ a b c d e f g h i j k l m Trisetum distichophyllum (Vill.) P. Beauv., Zweizeiliger Grannenhafer. auf FloraWeb.de
  3. ↑ a b Lauren Orton, Patricia Barberá, Matthew P. Nissenbaum, Paul M. Peterson, Alejandro Quintanar, Robert Soreng, Mel Duvall: A 313 plastome phylogenomic analysis of Pooideae: Exploring relationships among the largest subfamily of grasses. In: Molecular Phylogenetics and Evolution, Volume 159, Issue 1, Februar 2021, S. 107–110. doi:10.1016/j.ympev.2021.107110
  4. ↑ a b c d e f Patricia Barberá, Carlos Romero-Zarco, Carlos Aedo: Taxonomic Revision of Trisetum section Acrospelion (Poaceae: Pooideae: Aveninae) from Eurasia. In: Systematic Botany 42 (4), 2017, S. 1–28. doi:10.1600/036364417X696375
  5. ↑ a b c Hans Joachim Conert: Trisetum. S. 281–295. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Aufl., Band I, Teil 3, Verlag Paul Parey, Berlin, Hamburg, 1987, ISBN 3-489-52320-2.
  6. ↑ Trisetum distichophyllum bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
  7. ↑ a b c Acrospelion distichophyllum. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 10. April 2021..
  8. ↑ a b Patricia Barberá, Robert J. Soreng, Paul M. Peterson, Konstantin Romaschenko, Alejandro Quintanar, Carlos Aedo: Molecular phylogenetic analysis resolves Trisetum (Poaceae: Pooideae: Koeleriinae) polyphyletic: Evidence for a new genus, Sibirotrisetum and resurrection of Acrospelion. In: Journal of Systematics and Evolution, Volume 58, Issue 4, Juni 2019, S. 1–10. online bei researchgate.net. doi:10.1111/jse.12523
  9. ↑ a b Acrospelion distichophyllum bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis, abgerufen am 10. April 2021.

Weblinks

Commons: Zweizeiliger Goldhafer (Acrospelion distichophyllum) â€“ Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Zweizeiliger Goldhafer. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.